Elektronische Nasen in der Lebensmittelindustrie

Gastbeitrag von Katrin Mathmann, Fachhochschule Oberösterreich, Campus Wels

Brot in einem Brotkasten
An der Fachhochschule Oberösterreich wurden elektronische Nasen eingesetzt, um die Qualität von Backwaren beim Endkonsumenten zu prüfen © GettyImages ttatty via Canva pro
FH-Prof. Dr.-Ing. Katrin Mathmann
FH-Prof. Dr.-Ing. Katrin Mathmann, Fachhochschule Oberösterreich © Angelika Scheulen-Bläsius

15.09.2023

Elektronische Nasen basieren auf Chemosensoren. Dies sind Sensoren, die flüchtige chemische Substanzen in der Umgebungsluft detektieren. Anders als bei der Gaschromatographie idendifiziert ein Chemosensor jedoch nicht ein Einzelmolekül, sondern über eine Vielzahl an leicht unterschiedlichen Messmembranen in den Sensoren ganze Aromaprofile. Eine Aussage über den vorliegenden Geruch lässt sich treffen, indem Detektionsmuster miteinander verglichen werden. Somit arbeiten elektronische Nasen vergleichbar wie das menschliche olfaktorische System.

Einsatzmöglichkeiten von elektronischen Nasen zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen

Nach Angaben der Europäischen Kommission werden in Europa jedes Jahr 88 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet, 53 % davon in privaten Haushalten. Smart-Home-Anwendungen wie elektronische Nasen könnten Haushalte dabei unterstützen, Lebensmittelabfälle zu vermeiden, indem sie die aktuelle Qualität von Lebensmitteln anhand des Aromas in Echtzeit überprüfen. So hätte der Konsument jederzeit und dank der Vernetzung mit seinem Smartphone an jedem Ort einen Überblick über die Lebensmittel in seinem Privathaushalt und deren Qualität. Beim Einkauf im Supermarkt entfiele der Einkaufszettel. Der Kunde könnte sich ein schnelles Bild über seine Vorräte daheim machen und den Einkauf darauf abstimmen.


Studie am Beispiel von Backwaren

An der Fachhochschule Oberösterreich wurden elektronische Nasen unter der Leitung von FH-Prof. Dr.-Ing. Katrin Mathmann im Rahmen eines Forschungsprojektes eingesetzt, um die Qualität von Backwaren beim Endkonsumenten zu prüfen. Dazu hat das Forschungsteam unterschiedliche Sensortechniken systematisch miteinander verglichen und ihre Eignung für die Messaufgabe überprüft. Ein handelsüblicher Brotkasten wurde mit einer Vielzahl unterschiedlicher Sensoren ausgestattet. Mit diesen wurden Daten zur Charakterisierung der verschiedenen Backwaren und deren Alterung gesammelt. Mit Hilfe geeigneter mathematischer Methoden aus der multivariaten Statistik war es möglich, sowohl die Arten von Backwaren als auch ihr Alter zuverlässig zu bestimmen.


Weitere Einsatzmöglichkeiten im Lebensmittelkontext

Aktuell befinden sich weitere Projekte in Vorbereitung, die auf den Einsatz der Aromasensoren in Prozessen der Lebensmittelindustrie abzielen. Beispielsweise wäre es denkbar, die einzelnen Stufen eines Backprozesses - von der Teigbereitung bis zur fertigen Backware - mit elektronischen Nasen zu begleiten und anhand der Aromaentwicklung den optimalen Zeitpunkt für den jeweils nächsten Prozessschritt festzustellen.

Gut etabliert sind elektronische Nasen bereits im Bereich der Umweltüberwachung, z. B. bei der Abwasseraufbereitung. Auch diese Anwendung ist in der Lebensmittelindustrie vielversprechend. Elektronische Nasen könnten zur Überwachung von Reststoffströmen und deren Aufbereitung zum Einsatz kommen und somit als wichtige Komponente für eine Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion dienen.


Die Autorin

FH-Prof. Dr.-Ing. Katrin Mathmann studierte Brauwesen und Getränketechnologie in Weihenstephan (TU München). 2013 folgte sie dem Ruf auf die Professur Lebensmitteltechnologie an die Fachhochschule Oberösterreich, Campus Wels. In der Forschung beschäftigt sie sich mit der Umsetzung von Nachhaltigkeitslösungen in der Lebensmittelbranche, beispielsweise mit der Erfassung und Auswertung von Qualitätsparametern zur Reduktion von Lebensmittelverlusten beim Endverbraucher und der industriellen Weiterverarbeitung von hochwertigen Reststoffströmen.


Studienschwerpunkt Umwelt und Lebensmittel an der FH OÖ

Die Fachhochschule Oberösterreich bietet am Campus Wels im Studienschwerpunkt Umwelt und Lebensmittel die drei Studiengänge Lebensmitteltechnologie und Ernährung, Bio- und Umwelttechnik sowie Agrartechnologie und -management an. Ab dem Wintersemester 2023/2024 startet der Studiengang Sustainable Solutions, in dem die Studierenden umfassend im Bereich Nachhaltigkeit ausgebildet werden. Eine Schwerpunktbildung im Bereich Umwelt und Lebensmittel ist im dritten Studienjahr möglich.

>> Studienschwerpunkt Umwelt und Lebensmittel 
>> Studiengang Sustainable Solutions