Nachhaltigkeitsberichte – kommende Verpflichtung

Gastbeitrag von Mag. Karl Resel, Senior Manager, denkstatt

Grafik Sustainability Report
Ein geprüfter Nachhaltigkeitsbericht ist möglicherweise ab dem Geschäftsjahr 2023 auch für Betriebe ab 250 Mitarbeiter notwendig © denkstatt
Portrait Karl Resel, Berater der denkstatt GmbH
Mag. Karl Resel ist Berater der denkstatt GmbH © denkstatt

21.04.2022

Nachhaltigkeitsberichte sollen nun auch für mittelständische Unternehmen verpflichtend werden. Was seit 2016 nur für große börsennotierte Unternehmen galt, soll in den nächsten Jahren auch für Betriebe ab 250 Mitarbeiter angewendet werden. Der Zeitpunkt für diese massive Ausweitung der Berichtspflicht wird noch verhandelt. Die Inhalte sind aber schon sehr konkret: CO2-Bilanz, soziale Kennzahlen und Informationen zu nachhaltigen Investitionen werden die Bonität bei Banken beeinflussen und von Business-Kunden gefordert.

Die Welt um uns verändert sich rasant: Die Klimakrise erhöht die Risiken in der Landwirtschaft und erfordert neue Produktionsweisen. Konsument:innen sind zunehmend kritisch gegenüber „Plastikverpackungen“ und suchen nachhaltige Produkte. Globale Lieferketten sind gestört, regionale Resilienz ist gefragt. Da die Welt von morgen ganz neue Rahmenbedingungen für wirtschaftlichen Erfolg setzen wird, ist es klug, sich strukturiert mit Nachhaltigkeit zu befassen. Dies wird bereits jetzt von B2B-Kunden eingefordert. In Zukunft werden es aber auch Banken sein, welche die Umwelt- und Sozialperformance eines Unternehmens in ihr Kreditrating integrieren. Sowohl Kunden als auch Banken werden dafür in Zukunft einen genormten und geprüften Nachhaltigkeitsbericht heranziehen können.


Geprüfter Nachhaltigkeitsbericht möglicherweise ab dem Geschäftsjahr 2023

Dieser Nachhaltigkeitsbericht wird durch die Umsetzung der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) von allen Unternehmen verfasst werden, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:

  • mehr als 250 Mitarbeiter,
  • mehr als 40 Millionen € Umsatz,
  • mehr als 20 Millionen € Bilanzsumme.

Dadurch erhöht sich die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Österreich auf rund 2.000. Der Nachhaltigkeitsbericht wird im Lagebericht erfolgen, welcher extern in Form einer „Limited Assurance“ zu prüfen sein wird. Es ist davon auszugehen, dass es die Wirtschaftsprüfer bzw. andere Institutionen mit entsprechender Berechtigung sein werden, die diese Überprüfungen durchführen. Ursprünglich war vorgesehen, dass neu verpflichtete Unternehmen die Berichte im Jahr 2024 (für das Geschäftsjahr 2023) publizieren sollen. Ende Februar hat der Rat der Europäischen Union seinen Standpunkt zur CSRD festgelegt. Er deutet auf eine Verschiebung des ursprünglichen Zeitplans um möglicherweise zwei Jahre hin. Die finale Timeline muss aber noch offiziell beschlossen werden.

Die mögliche zeitliche Verschiebung ist eine gute Nachricht, denn die sich abzeichnenden Inhalte sind fordernd. Unternehmen, die noch kein strukturiertes Nachhaltigkeitsmanagement aufgebaut haben, würden sich vermutlich schwer tun, innerhalb von zwei Jahren diesen ersten Bericht zu stemmen. Folgende Punkt sind zur Vorbereitung notwendig:


CO2-Bilanz und Klimaziele

Klar ist, dass der Bericht eine umfassende Klimabilanz enthalten muss. Diese betrifft vermutlich nicht nur die eigenen CO2-Emissionen aus dem Energieverbrauch der eigenen Produktion und Flotte. Abzusehen ist, dass auch vor- und nachgelagerte Emissionen zu errechnen sind – verursacht durch Landwirtschaft, weitere Lieferanten, Materialverbrauch, Logistik etc. Darüber hinaus wird gefordert, die Klimaziele bekanntzugeben, um festzustellen, ob diese Ziele im Hinblick auf die Erfüllung des Pariser Klimaabkommens ambitioniert genug sind. Schließlich fordern die bestehenden Verpflichtungs-Entwürfe auch, Initiativen zu nennen, mit denen die gesetzten Ziele erreicht werden können.


Weitere Umwelt- und Sozialthemen

Auch wenn die Klimakrise das derzeit drängendste Umweltproblem ist – Nachhaltigkeit betrifft auch weitere Umweltaspekte wie Wasser, Biodiversität, Umweltverschmutzung und Kreislaufwirtschaft. Darüber hinaus ist auch der Schutz des Menschen zentral: Gesundheit & Sicherheit, Chancengleichheit, Arbeitsbedingungen & Menschenrechte sowie Vermeidung von Korruption sind ebenfalls mögliche Themen eines Nachhaltigkeitsberichts. Im Zuge einer formalen Wesentlichkeitsanalyse ist zu definieren, welche dieser weiteren Umwelt- und Sozialthemen in das Reporting aufgenommen werden müssen und welche Kennzahlen und Ziele zu veröffentlichen sind. Damit die Kennzahlen zwischen den Berichten vergleichbar werden, wird die EU eigene Sustainability Reporting Standards publizieren – die Entwürfe dazu liegen bereits vor. Darüber hinaus gibt es bereits etablierte freiwillige Standards, die als Vorbereitung für die kommende Verpflichtung herangezogen werden können. Prominent sind hier die Standards der Global Reporting Initiative zu nennen (GRI).


EU-Taxonomie: Nachhaltige Umsätze, Investitionen und operative Kosten

In den verpflichteten Nachhaltigkeitsberichten sind darüber hinaus zentrale finanzielle Kennzahlen zu veröffentlichen:

  1. Der Anteil des Umsatzes im Zusammenhang mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten.
  2. Der Anteil der Investitionen (CapEx), die mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten verbunden sind, z.B. Investition in erneuerbare Energie oder einen nachhaltigen Fuhrpark.
  3. Der Anteil der operativen Kosten (OpEx), die ökologisch nachhaltig eingesetzt wurden, z.B. Forschung und Entwicklung für nachhaltige Lösungen.

Die technischen Kriterien dafür, was als „nachhaltige Wirtschaftsaktivität“ gelten darf, werden im Detail in der EU-Taxonomieverordnung festgelegt. Die Kriterien für die Themen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ sind bereits final. Jene für Wasser, Biodiversität, Umweltverschmutzung und Kreislaufwirtschaft werden in den kommenden Wochen erwartet. Aus den bestehenden Entwürfen lässt sich bereits ableiten, dass insbesondere die Themen „Kreislaufwirtschaft“ und „Biodiversität“ für die Lebensmittelbranche zentral sein werden: Der Nachhaltigkeitsbericht wird Fragen beantworten wie etwa: Wie groß ist der Umsatz mit Produkten, die 100% recyclingfähig verpackt sind? Wie groß ist der Umsatz mit Produkten, die aus einem Anbau stammen, der förderlich für Biodiversität und Landnutzung ist?


Nachhaltigkeit braucht Erfahrung und Übung: Bereits jetzt erste Schritte setzen!

Der Umfang der Berichtsinhalte zeigt: Es braucht Übung und Erfahrung, um die geforderten Berichtsinhalte darstellen zu können. Zuerst sollte eine Klimabilanz erstellt werden. Sie ist die Basis für jede Klimastrategie. Darüber hinaus ist es jetzt sinnvoll, das eigene Geschäftsmodell und die Wertschöpfungskette zu analysieren, um weitere wesentliche Umwelt- und Sozialthemen zu bestimmen. Auch die Taxonomie ist ein komplexes Thema – wichtig wäre es daher, erste Gehversuche in den fertigen Kriterien für „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ zu starten. All dies sollte in einem ersten, freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht münden. So sammelt man wertvolle Erfahrung für die später verpflichtenden und extern zu prüfenden Berichte. Doch auch wenn alles letztendlich in einen formalen Bericht fließen soll – zentral ist, dass die strukturierte Beschäftigung mit Nachhaltigkeit Unternehmen auf die Zukunft vorbereiten soll, um sich für die Welt von morgen fit zu machen.

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