"Niemand weiß, wo das Fleisch herkommen soll, wenn sich die Nachfrage so weiterentwickelt"

Hermann (li.) und Thomas Neuburger.
Hermann (li.) und Thomas Neuburger: "Große Unsicherheit bei Fleischproduzenten". Foto: Business Upper Austria

29.01.2018

Eine Branche im Umbruch, eine innovative Idee und unternehmerische Weitsicht - aus diesen Zutaten bauen sich Hermann und Thomas Neuburger in Ulrichsberg im Mühlviertel ein zweites Standbein auf. Im Interview machen sie Mut: "Für den Mittelstand tun sich viele Chancen auf".

Sie gelten mit Ihren Hermann-Fleischlos-Produkten auf Basis von Kräuterseitlingen als Pioniere. Wie kamen Sie auf die Idee dazu?

Hermann: Seit dem Start mit Neuburger um 1980 waren Tierhaltung und Qualität immer ein großes Thema. Mir war und ist bewusst, dass Viehzucht nur begrenzt sinnvoll ist. Und daher habe mir schon vor 20 Jahren Gedanken gemacht wo es langfristig hingehen soll. Die echte Entwicklungsarbeit hat vor etwa 10 Jahren begonnen, abseits des Tagesgeschäfts: tausende Versuche mit verschiedenen Rohstoffen, von Soja bis Seitan.

Thomas: Es ging von Anfang an darum, uns ein zweites Standbein aufzubauen. Irgendwann werden wir ein reiner Fleischersatzprodukte-Hersteller werden. Dabei bleiben wir unserer Neuburger-Philosophie treu: hochwertige Nahrungsmittel aus hochwertigen Zutaten – in diesem Fall halt ohne Fleisch.

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, denn Ihr Hauptprodukt, der Neuburger, ist gefragt wie nie. Wie schafft man es da, rechtzeitig den Blick in die Zukunft zu richten.

Hermann: Das stimmt, mit dem Neuburger haben wir eine rasante Entwicklung hingelegt. Heute erzeugen wir pro Tag so viel wie zu Beginn in einem ganzen Jahr. Aber wir sehen die Trends und Entwicklungen: Die Landwirtschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen. Niemand weiß, wo das Fleisch herkommen soll, wenn sich die Nachfrage auch nur annähernd so entwickelt wie prognostiziert.

Thomas: Dazu kommt, dass die Konsumenten mündiger werden. Wir platzieren uns mit der Botschaft, dass wir in allen Facetten ein gutes Produkt bieten: nicht nur geschmacklich, sondern auch für Umwelt und Gesundheit. Es geht ja nicht nur darum, einfach das Fleisch wegzulassen. Wir im doppelten Wortsinn sein „cleane“ Produkte: einerseits ohne Aromen, andererseits auch produktionstechnisch: Wir produzieren im Reinraum.

Wie wichtig ist dabei die Regionalität?

Hermann: Unsere USP ist, dass wir ein waschechter Familienbetrieb sind. Regionalität spielt daher eine große Rolle. Ab dem Frühjahr werden wir unseren Rohstoff durch die eigene Pilzzucht komplett selbst in Ulrichsberg produzieren. Das verschafft uns eine beispiellose Ökobilanz.

Stichwort Ökobilanz. Je nach Herkunft und Fütterung ist die bei Fleisch ja oft katastrophal.

Hermann: Ja. Durch die mündigeren Konsumenten kommt die Branche unter Druck. Viele Fleischproduzenten denken nach, wie es weitergehen kann. Aber die Unsicherheit ist groß und es gibt kaum kurzfristige Erfolge. Die nächsten 20 Jahre in der Fleischbranche werden nicht lustig, vor allem nicht in der Massenproduktion.

Ihre Antwort darauf?

Hermann: Die positive Seite ist: Für den Mittelstand tun sich viele Chancen auf, zum Beispiel eben mit fleischlosen Grundprodukten. Der Erfolg steckt in der Spezialisierung. Gleichzeitig entstehen auch neue Betätigungsfelder, warum soll man nicht Pilzproduzent werden?

Thomas: Insgesamt wird Innovation eine noch größere Rolle spielen. Da kommt einem Netzwerk wie dem Lebensmittelcluster eine große Bedeutung zu.


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