Verpackungen: Was ist wirklich umweltfreundlich?

Pankrazhofer Bio-Senf © Pia Paulinec
© Pia Paulinec
Die Bio-Landwirte und Unternehmer Eva und Norbert Eder von der Pankrazhofer GmbH © Pia Paulinec
Die Bio-Landwirte und Unternehmer Eva und Norbert Eder von der Pankrazhofer GmbH © Pia Paulinec
Michael Krainz, Projektkoordinator OFI Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik © OFI/Michael Pyerin
Michael Krainz, Projektkoordinator OFI Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik © OFI/Michael Pyerin

12.01.2021

Ein neues bundesländerübergreifendes Kooperationsprojekt im Lebensmittel-Cluster will eine ökologische Lebensmittelverpackung entwickeln, die außer der Wiederverwertbarkeit alle relevanten Faktoren berücksichtigt und die Lebensmittel optimal schützt. Dabei wagen sich die Projektpartner an eine äußerst komplexe Herausforderung. Von den Ländern Oberösterreich und Tirol gibt es Fördergeld.

An einem einfachen Beispiel lässt sich die derzeitige Problematik darstellen: In den vergangenen Jahren ging es in vielen Entwicklungsprojekten primär darum, Verpackungsmaterial und damit das Gewicht zu reduzieren. Das führte häufig zum Einsatz von (dünneren) Mehrschicht- bzw. Verbundfolien. Diese können derzeit aber noch nicht wiederverwertet (rezykliert) werden. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist das daher nicht immer die ökologisch sinnvollste Lösung.

Ökodesigngerecht versus recyclingfähig

Das Kooperationsprojekt „ÖkoVerpackt“ im Lebensmittel-Cluster geht von der Annahme aus, dass bei Verpackungen im Sinne der Ökodesign-Richtlinien unter Umständen Recycling nicht immer möglich oder sinnvoll ist. Somit könnte aus der Gesamtbetrachtung resultieren, dass bei bestimmten Anwendungen der Einsatz dieser Verbundfolie bereits die optimale Lösung darstellt, obwohl sie nicht recyclingfähig ist. Das Ziel ist nun, derzeitige Verpackungen durch ökodesigngerechte Verpackungslösungen zu ersetzen. Im Gegensatz zum aktuellen Trend, der ausschließlich auf die Rezyklierbarkeit setzt, liegt bei „ÖkoVerpackt“ der Fokus auf der ökologischsten Verpackung. Ziel ist es, zwei bis drei neue Verpackungslösungen zu finden. Dies kann auch zur Entwicklung neuer Materialien führen.

Ökologische Betrachtung über den gesamten Produktzyklus

Das Projektteam will dabei alle ökologisch relevanten Faktoren über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg betrachten: die gesamte Entwicklungsumwelt inklusive Kosten, Marketing, Produktion, Produktschutz, Umweltauswirkung, Recyclingfähigkeit, Handel- und Konsumentenbedürfnisse, Transport und Entsorgung. Basis ist der neueste Stand der Technik, die Recyclingfähigkeit nur einer von vielen Parametern und nicht zwingend erforderlich. „Im Projekt werden daher alle Ebenen des Produktkreislaufes bewertet – von der Auswahl des richtigen Materials (z.B. Materialdicke; Mono- oder Verbundstoff) über Konsumentenanforderungen (z.B. Anwenderfreundlichkeit) bis zur abfalltechnischen Betrachtung (z.B. Sortierfähigkeit). So soll garantiert werden, dass alle wichtigen Einflussfaktoren ausreichend und vor allem richtig berücksichtigt werden und somit die tatsächlich nachhaltigste Verpackungslösung gefunden wird“, sagt Koordinator Michael Krainz vom Forschungspartner OFI Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik.

Öko ist nicht gleich hoher Produktschutz

Eine Verpackung, die optimal rezyklierbar ist, garantiert nämlich nicht zwangsläufig idealen Produktschutz. Nachdem die Verpackung nur etwa 3 bis 3,5 Prozent zur Gesamt-Ökobilanz des verpackten Produkts beisteuert, sind auch Faktoren wie Haltbarkeit, Produktschutz, Transportkosten usw. bedeutend. „Diese wirken sich oft sogar deutlicher auf die Gesamtökobilanz aus. Rezyklierbar bedeutet außerdem per se noch nicht nachhaltig“, betont Daniel Rogl, Projektmanager im Lebensmittel-Cluster.

Komplexe Herausforderung

Das Beispiel der Milch in der Einwegglasflasche verdeutlicht die Problematik. Die meisten Konsument*innen halten die Glasflasche für eine nachhaltige Verpackung. Wenn jedoch der Energiebedarf für die Herstellung und der Mehraufwand beim Transport durch das höhere Gewicht miteinberechnet werden und womöglich dadurch auch noch die Haltbarkeit verkürzt wird, weil das transparente Glas nicht vor Licht schützt, dann liegt die Einwegglasflasche klar hinter dem Tetra Pak. „Die nachhaltigste Verpackungslösung zu finden, ist daher eine komplexe Herausforderung, der viele Berechnungen im Vorfeld und eine umfassende Betrachtung des gesamten Produktkreislaufs zugrunde liegen“, sagt Rogl.

Für Convenience genauso wichtig wie für Bio

Die Landena Wels KG beteiligt sich an dem Projekt für ihre Trockensuppen sowie Fertiggerichte. „Die Komplexität liegt dabei im derzeit hohen Produktschutz sowie der Vielfältigkeit der Abpackanlagen. Das Projekt soll deshalb die Anforderungen an den Produktschutz genauestens abklären bzw. untersuchen, um zukunftsträchtige Verpackungen zu generieren“, sagt Projektleiter Peter Senzenberger. Die Pankrazhofer GmbH aus Tragwein produziert neben Most und Säften auch Senf in Bio-Qualität. Letzterer wird im Glas verkauft. „Allerdings wäre es für uns sehr interessant zu wissen, ob diese Verpackungsart auch wirklich die nachhaltigste Möglichkeit bietet oder ob es Alternativen gibt, die geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben. Durch die wissenschaftliche Unterstützung des OFI kann diese Fragestellung für uns ideal herausgearbeitet und beantwortet werden“, betonen die Landwirte und Unternehmer Eva und Norbert Eder.

Nachhaltige Innovation im Fokus

Verkaufs- und Marketingleiter Norbert Neumayer der Lenzinger Jodl Verpackungen GmbH hofft auf neue Geschäftsfelder: „Als Output des Projektes erhoffen wir uns neue umweltfreundliche Verpackungslösungen, die auch die anderen Projektpartner zufriedenstellen und deren Anforderungen erfüllen. Daraus können neue Geschäftsfelder entstehen und sich unser Portfolio erweitern, was uns ein weiteres Wachstum ermöglicht.“ PET-Verarbeitung, Herstellung von PET-Folien (PET sheet) sowie die Entwicklung neuer Anwendungen sind die Kernkompetenz der PETman GmbH in Frankenburg. Geschäftsführer Markus Neudorfer will durch die Beteiligung am Projekt die Kreislaufwirtschaft und den Standort Oberösterreich sichern: „Für die weitere Entwicklung unseres Unternehmens ist es besonders wichtig, durch die ganzheitliche Betrachtung die Qualität unserer Recyclingfolien zu steigern sowie das Einsatzspektrum zu erweitern. Dabei können wir die Nachhaltigkeit und Ökologie der Folien objektiv betrachten und Optimierungspotenziale nutzen.“

Kooperationsprojekt im Lebensmittel-Cluster „ÖkoVerpackt“
 

Projektpartner:Landena Wels KG, Wels www.landenawels.at 
 Pankrazhofer GmbH, Tragwein www.pankrazhofer.at 
 Jodl Verpackungen GmbH, Lenzing www.jodl.at 
 PETman GmbH, Frankenburg www.petman.at 
 
TirolPack GmbH, Schlitters www.tirolpack.at 
Forschungsdienstleister:OFI Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik www.ofi.at 

Dieses Projekt wird aus Mitteln des strategischen Wirtschafts- und Forschungsprogrammes „Innovatives OÖ 2020“ vom Land Oberösterreich sowie vom Land Tirol gefördert.


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